Stellungnahme der FW TT e.V. zur geplanten Schließung der Notfallpraxis Tettnang

Erläuterungen zur geplanten Schließung der ärztlichen Notfallpraxis in Tettnang und Stellungnahme der Freien Wähler Tettnang hierzu.

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg ist für die ambulante Regel- und Notfallversorgung der Bevölkerung zuständig. Für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten der Praxen ist ein ärztlicher Notdienst verantwortlich, der die leichteren Erkrankungen und Verletzungen versorgen soll, die ansonsten zu den Öffnungszeiten in den Praxen der Ärzte behandelt werden würden. In den letzten Jahren wurden zur Verbesserung der organisatorischen Abläufe sogenannte Notfallpraxen flächendeckend in Baden-Württemberg eingerichtet. Diese wurden bevorzugt an bestehende Krankenhäuser angegliedert. Diese Notfallpraxen bringen einen Vorteil sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte. Die Anzahl der erforderlichen Hausbesuche wird erheblich reduziert, da die Patienten eine zentrale Anlaufstelle haben und nicht wie früher unterschiedliche Praxen der Umgebung aufsuchen müssen (ähnlich der Apothekenregelung), wenn kein Hausbesuch erforderlich ist. Zu diesen Notdiensten sind alle zugelassenen Kassenärzte verpflichtet. Häufig wurden diese jedoch an andere Ärzte aus den Kliniken oder nicht angestellten Ärzte vergeben. Nach Änderung der versicherungsrechtlichen Regeln durch die Rechtsprechung ist dies jedoch deutlich erschwert worden, so dass nicht mehr genügend Ärzte hierfür zur Verfügung stehen und die niedergelassenen Ärzte nicht bereit sind mehr Notdienste zu leisten. Hinzu kommt der zunehmende Ärztemangel im ländlichen Raum.

Davon abzugrenzen sind die Notaufnahmen der Krankenhäuser, die von den Krankenhäusern mit Klinikärzten betrieben werden und für die schwereren Fälle und Verletzungen zuständig sind. Diese dürfen den nur den vorliegenden Notfall behandeln, aber keine Rezepte oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen.

Nun sollen deshalb die Notfallpraxen an vielen Standorten geschlossen werden. Unter anderem auch in Tettnang, wo die Notfallpraxis an Wochenenden und Feiertagen tagsüber in den Räumen der Klinik angesiedelt ist. Die Aufnahme/Pforte weist die Patienten am Eingang je nach vorliegender Erkrankung oder Verletzung entweder in die Notfallpraxis oder Notaufnahme der Klinik. Wenn es sich bei der Untersuchung in der Notfallpraxis herausstellt, dass eine stationäre Behandlung oder eine Operation erforderlich ist, wird der Patient in die Notaufnahme verlegt.

Weshalb ist es wichtig, dass die bewährte Struktur erhalten wird?
Im ländlichen Raum droht durch das altersbedingte Ausscheiden von Ärztinnen und Ärzten schon jetzt eine medizinische Unterversorgung. Viele Praxen finden keinen Nachfolger mehr. Die Ärzte wünschen sich zunehmend geregelt Arbeitszeiten. Bei Notfällen kann nicht jederzeit der eigene Arzt erreicht werden. Da vor allem die ältere und weniger mobile Bevölkerung häufiger eine medizinische Versorgung benötigt, ist eine wohnortnahe gut erreichbare ärztliche Versorgung notwendig. Weite Wege und lange Wartezeiten in den Einrichtungen Notfallpraxen und Notaufnahmen (derzeit in den Nachbareinrichtung teilweise von 3-5 Stunden) sind nicht tragbar. Da auch der Klinikstandort Tettnang im Rahmen des neuen Krankenhausreformgesetztes gefährdet ist, wäre in Tettnang und im östlichen Bodenseekreis gar keine Notfallversorgung mehr sichergestellt. Den umliegenden Städten Bad Saulgau und Bad Waldsee wurde versprochen, nach der Schließung der dortigen Krankenhäuser eine ambulante Ersatzeinrichtung einzurichten. Nun wird auch in Bad Saulgau die Notfallpraxis geschlossen. 

Was bedeutet das für Tettnang?
Am Wochenende müssen sich die Patienten an den ärztlichen Notdienst wenden. Dieser bestellt die Patienten entweder in seine Praxis (soweit der diensthabende Arzt eine eigene Praxis hat) ein oder macht einen Hausbesuch. Weiterhin besteht derzeit noch die Option, in die Notaufnahme der Klinik Tettnang zu gehen. Dort ist aber dann aber durch das erhöhte Aufkommen an Patienten mit erhebliche Zunahme der schon jetzt langen Wartezeiten zu rechnen, da die Notaufnahme (wie in allen Nachbarkliniken auch) über eine starke Inanspruchnahme klagen. Diese wird auch dadurch verursacht, dass viele Patienten die Notaufnahme aufsuchen, die keine Notfälle im eigentlichen Sinne sind. Dieser Effekt wird durch die Schließung der Notfallpraxis noch massiv verstärkt.

Falls in Zukunft als Folge des neuen Krankenhausgesetztes und der politischen Entscheidungen des Krankhausträgers (Stadt Friedrichshafen, der die finanzielle Belastung nicht mehr tragen kann) evtl. die Klinik Tettnang als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung geschlossen werden sollte, gibt es hier keine ambulante niederschwellige Versorgung mehr. Es bliebe der Bevölkerung des östlichen Bodenseekreises nur, die schon überlasteten Einrichtungen in FN und RV auszusuchen.

Was fordern die Freien Wähler Tettnang?
Wir fordern das Fortbestehen der Notfallpraxis in Tettnang. Weiterhin halten wir den Erhalt der Notaufnahme der Klinik Tettnang auch bei den wahrscheinlich erforderlichen strukturellen Änderungen im Medizin Campus Bodensee, die im Rahmen der zukünftigen Gesundheitspolitik auf uns zukommen.